Luftaufnahme des Werksgeländes der Ilsenburger Grobblech GmbHVor 25 Jahren begannen sich die Grenzen zwischen Ost- und Westdeutschland zu öffnen. Und damit öffneten sich neben vielen privaten auch unternehmerische Perspektiven.

Auf persönlicher Ebene erlebte Herr Wolff (Mitarbeiter der Personalabteilung, Ilsenburger Grobblech GmbH) die aufregenden Tage im November 1989 so:

„Am Abend des 09. November sagte Günter Schabowski im DDR-Fernsehen, dass jeder mit einem Visum ausreisen könne. Für uns hörte sich das so an, dass man zwar aus-, aber nicht mehr einreisen könne.

Morgens auf der Arbeit wurde im Radio berichtet, dass in Berlin DDR-Bürger sowohl ausreisen und wieder einreisen würden. Die ersten Kollegen sind daraufhin sofort nach Wernigerode gefahren, um sich ihren Visum-Stempel zu besorgen.

Wir mussten noch bis 14 Uhr arbeiten und sind anschließend nach Ilsenburg aufs Revier, um einen Stempel zu bekommen. Es gab eine Riesenschlange und Punkt 18 Uhr wurde die Tür geschlossen. Draußen skandierten wir im Chor: „Stempel, Stempel, wir wollen unseren Stempel“. Eine halbe Stunde später wurde die Tür wieder geöffnet und jeder bekam seinen Stempel in den Personalausweis.

Abends auf dem Sofa schauten wir alle noch etwas ungläubig auf den Stempel. Am nächsten Tag jedoch fuhren wir mit der ganzen Familie nach Helmstedt und standen Punkt 11:11 Uhr auf dem Marktplatz. Wir wurden von einem völlig fremden Einwohner zum Essen eingeladen. Unsere Familien sind heute noch befreundet.“

Auf unternehmerischer Ebene bedeuteten die Wendezeiten ebenfalls viel Umbruch. Chance wollten geprüft und ergriffen, Risiken abgewogen werden. Ist das Walzwerk in Ilsenburg eine passende Ergänzung im Konzerngefüge? Ja, lautete die Antwort, woraufhin 1992 nach erfolgter Privatisierung das Werk von der damaligen Preussag Stahl AG erworben wurde. Damit gab es also einen neuen Eigentümer, der gleichzeitig eine lange Tradition mit einkaufte. Die Metallverarbeitung am Standort Ilsenburg lässt sich nämlich bis ins Jahr 1595 zurückverfolgen, als der Ilsenburger Kupferhammer gegründet wurde. (mehr zur Geschichte).

Unser größter Standort in den neuen Bundesländern ist bis heute die Ilsenburger Grobblech GmbH (ILG). Die ILG blieb allerdings nicht unser einziges Standbein in den neuen Ländern. Über ein Dutzend Standorte sind nun Teil des Konzerns und spiegeln seine Vielfalt wieder. Handelsniederlassungen in Zeithain oder Köthen, Rohrwerke mit Schwerpunkt Innenhochdruckumformung in Crimmitschau oder Brumby oder Telekommunikationsunternehmen in Erfurt oder Magdeburg sind nur einige Beispiele dafür.

Die Entwicklung der letzten 25 Jahre hatte es also wahrlich in sich. Aber auch vor 25 Jahren waren die Entwicklungen umwälzend. Wer die damaligen Ereignisse nochmal wie live nacherleben möchte und zwar mit modernen Kommunikationsmedien, der kann das gut mit dem Twitter-Projekt der Bundesregierung machen. Unter dem User Mauerfall89 erscheinen ständig „neue“ Meldungen, die den aufregenden Herbst 89 wieder lebendig werden lassen.

Markus Rottwinkel

Drei Dinge, die mir zur Salzgitter AG einfallen: 1. Faszinierende Dimensionen bei Anlagen und Prozessen 2. Stahl riecht lecker 3. Hieß der Ort oder der Konzern zuerst Salzgitter?

Alle Beiträge des Autors anzeigen
Schreibe einen Kommentar