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Page 4 - STIL 1 2020
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 INTERVIEW
„Die Salzgitter AG ist mit SALCOS® Vorreiter
der Dekarbonisierung in der Stahlindustrie“ Interview mit Prof. Dr.-Ing. Heinz Jörg Fuhrmann, Vorstandsvorsitzender der Salzgitter AG
STIL sprach mit Prof. Dr.-Ing. Heinz Jörg Fuhrmann, Vorstandsvorsitzender, über konjunkturelle Schlechtwetterfronten, mittelständische Orientierung und die
Dekarbonisierung der Industrie.
STIL: Sie haben im vergangenen Jahresinter-
view prognostiziert, dass die Konjunktur eine „Schlechtwetterzone“ durchfliegen werde.
Wie stark sind die Turbulenzen ausgefallen?
Prof. Fuhrmann: Wie sehr man durchgerüttelt wird, hängt erheblich von der eigenen Konstitu- tion und der Vorbereitung ab. Natürlich ist auch in unseren Geschäftsbereichen die konjunkturelle Eintrübung in unterschiedlicher Ausprägung angekommen. Zu nennen sind unter anderem die Produktionsrückgänge der Automobilkunden, weiterhin hohe Stahl-Importmengen in den EU- Markt und eine Umweltpolitik, bei der noch nicht geklärt ist, welche Rahmenbedingungen sie für die Wirtschaft künftig setzen wird. Dazu kommen weitere Unsicherheiten, die auf den internationa- len Handelsauseinandersetzungen und zuletzt den mittelbaren Folgen des Coronavirus beruhen.
Unser ausgewiesenes Ergebnis für das Geschäfts- jahr 2019 war zwar nicht erfreulich, aber wenn man die negativen Einmaleffekte herausrechnet,
Wichtig für das Projekt SALCOS® ist der intensive Dialog mit der Politik: Hier informiert sich Ministerpräsident Stephan Weil (2. v. r.) am Rande des Sommerfests der Niedersachsen
in Berlin im Gespräch mit Prof. Fuhrmann (r.) und den beiden Projektleitern Dr. Alexander Redenius (l.) und Dr. Volker Hille
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haben wir ein vorzeigbares positives operatives Ergebnis erwirtschaftet. Andere stellen sogenannte bereinigte Resultate in der Kommunikation übri- gens grundsätzlich nach vorn.
Tatsache ist: Im Vergleich zu so manchen Wettbewerbern stehen wir finanziell und bilanziell immer noch solide da, was neben unserer nach- haltigen, konservativen Geschäftspolitik unter anderem eine Folge der breiten Diversifizierung unserer Kundenbranchen ist.
Die strategische Entscheidung, ein Gleichge- wicht zwischen den stahlnahen und stahlferneren Aktivitäten anzustreben, beweist einmal mehr ihre Richtigkeit. Gleichwohl besteht zu passiver Selbst- zufriedenheit kein Anlass. Deshalb wird die unbe- dingt erforderliche Verbesserung unserer Struktu- ren und Prozesse konsequent fortgesetzt. Dies in Verbindung mit unserer soliden Bilanz sowie den vorsorglich erworbenen CO2-Zertifikaten für die am 1. Januar 2021 beginnende vierte Periode des Europäischen Emissionshandelssystems gibt uns das Selbstbewusstsein, gut präpariert zu sein.
STIL: Sie sprachen die hohen Importmengen in den EU-Markt und die Auseinandersetzungen um Zölle im Welthandel an. Können wir als einzelnes Unternehmen überhaupt hierauf Einfluss nehmen? Prof. Fuhrmann: Tja, wir tun, was wir können. Bei den Safeguard-Maßnahmen gegen Handels- umlenkungen infolge der US-Zölle auf Stahl drän- gen wir gemeinsam mit der Wirtschaftsvereini- gung Stahl und EUROFER auf eine Nachbesserung seitens der EU, denn die bisherige Ausgestaltung der Safeguards hat sich als weitgehend unwirksam erwiesen – das bezweifelt auch niemand ernst- haft. Die neue EU-Kommission mit Phil Hogan
als Handelskommissar muss nun zeigen, dass sie ihrem selbst gesetzten Anspruch gerecht wird, europäische Unternehmen vor unfairen Handels- praktiken effektiv zu schützen und die Einhaltung von internationalen Verträgen durchzusetzen.
Zum Thema Zölle: China und die USA haben sich auf ein erstes Abkommen geeinigt und auf wei- tere beidseitige Handelsbarrieren verzichtet. Man kann nur wünschen, dass dies eine erste Phase der Entspannung im Welthandel einleitet. Europa sollte aus dem Verlauf der Auseinandersetzungen lernen: Wer droht, der will verhandeln – und es gilt, dies mit Selbstvertrauen und Standhaftigkeit zu tun.
STIL: Wenden wir den Blick mehr nach innen. Wie steuern wir durchs Jahr 2020?
Prof. Fuhrmann: Die Halbwertzeit unternehme- rischer Entscheidungen in einem Industriekonzern
 Foto: Kai-Uwe Knoth













































































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