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Page 17 - Best of 2019
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Mit Wasserstoff in die Zukunft
Mit den Projekten SALCOS®, WindH2 und GrInHy2.0 leitet die Salzgitter AG Dals Vorreiter eine CO2-arme, wasserstoffbasierte Stahlproduktion ein
ie Stahlherstellung ist energieintensiv. sierten Stahlindustrie und umfasst eine Investition Verfahrenstechnisch ist daran grund- von 50 Mio. €.
sätzlich nichts zu ändern. Die heute Am 30. Oktober 2018 unterzeichneten die
zu 95 % in der Primärstahlproduktion Salzgitter Flachstahl GmbH, der Industriegas-
verwendete Hochofenroute läuft bereits mit einer lieferant Linde AG und die Avacon Natur GmbH,
„Wir betrachten das Projekt ‚Windwasserstoff Salzgitter‘ als einen bedeuten- den Baustein
auf unserem Weg in eine klima- freundlichere Stahlproduktion“
Prof. Dr.-Ing. Heinz Jörg Fuhrmann, Vorstandsvorsit- zender der Salzgitter AG
maximalen Effizienz. Durch den Einsatz erneuer- barer Energien und Wasserstoff statt Kohle lässt sich jedoch eine ebenso nachhaltige wie emissions- arme Stahlherstellung verwirklichen.
Bei der Hochofenroute wird in Europa Eisenerz fast nur mit Koks und Einblaskohle, reduziert. Hierbei entsteht prozessbedingt Kohlendioxid. Dieses könnte man im Erdboden endlagern („Carbon Capture and Storage“, CCS) oder in andere Stoffe umwandeln und so verwerten („Carbon Capture and Usage“, CCU). Die Salzgit- ter AG hat sich als erster Stahlproduzent von Anfang an für einen nachhaltigeren Weg entschie- den, der branchenweit immer mehr Befürworter findet: die Dekarbonisierung der Stahlherstellung mittels Wasserstoff und erneuerbarem Strom.
Projekt SALCOS® – der bessere Weg
Die Salzgitter AG hat hierfür den Begriff „Carbon Direct Avoidance“ (CDA) etabliert. Das wirt- schaftlich ambitionierte Ziel ist es, über alternative metallurgische Verfahren die CO2-Entstehung weitgehend zu vermeiden. Dabei soll Wasserstoff bei der Gewinnung von Eisen aus Eisenerz Koks und Kohle ersetzen und durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt werden.
Das Projekt SALCOS® (SAlzgitter Low CO2- Steelmaking) beschreibt diesen Transformations- prozess für das integrierte Hüttenwerk in Salzgit- ter, bei dem Partner aus Industrie und Forschung zusammenarbeiten, z.B. die Firma Tenova und die Fraunhofer-Gesellschaft. Der Kern des Projekts liegt im Direktreduktionsprozess (DRP), bei dem als Reduktionsmittel Wasserstoff und Erdgas verwendet werden. Das Verfahren ist prinzipiell nicht neu und wird, meist außerhalb Europas, auch schon großtechnisch dort angewendet, wo Erdgas günstig verfügbar ist. SALCOS® zielt dar- auf, zunehmend auch Wasserstoff zu nutzen, der klimaneutral erzeugt wird. Ein solcher flexibler Betrieb von Direktreduktionsanlagen mit Erdgas und Wasserstoff ist allerdings weltweit noch nicht industriell realisiert worden. Nach den bisherigen Erkenntnissen aus Großversuchen sind aber keine grundsätzlichen Schwierigkeiten zu erwarten.
Ohne Zweifel muss der hierfür benötigte Was- serstoff klimaneutral mit regenerativen Energien erzeugt werden. Hier kommt ein anderes span- nendes und zukunftsträchtiges Konzernprojekt ins Spiel: „Windwasserstoff Salzgitter“. Das Vorhaben ist ein weiterer Schritt hin zu einer wasserstoffba-
ein Spezialist für den Bau und Betrieb von Gas- und Stromnetzen, einen Vertrag für das Projekt „Windwasserstoff Salzgitter“, das auch als WindH2 bezeichnet wird. Dessen Ziel ist es, in Salzgitter Wasserstoff mittels PEM-Elektrolyse mit Strom aus Windkraft zu erzeugen (siehe Seite 15). Das hierfür benötigte reine Wasser wird in der konzer- neigenen Anlage gewonnen, die das Brauchwasser aus dem Hüttenwerk aufbereitet. Neben dem Wasserstoff könnte auch der bei der Elektrolyse produzierte Sauerstoff betrieblich genutzt werden.
Für den Strom der Windkraftanlagen muss aufgrund der derzeitigen Gesetzgebung eine Ein- bindung ans öffentliche Netz geschaffen werden. Projektpartner Avacon obliegt der Betrieb und die Anbindung der Windkraftanlagen. Linde wieder- um ist vor allem im Sinne der Wasserstoff-Versor- gungssicherheit am Projekt WindH2 beteiligt.
Das Zukunftsprojekt GrInHy2.0
Für eine klimafreundliche Wasserstofferzeugung mit Anbindung in ein integriertes Hüttenwerk er- probt das Forschungsprojekt „Green Industrial Hy- drogen“ (GrInHy, sprich: „Green High“), an dem die Salzgitter AG beteiligt ist, eine Alternative zur bewährten Elektrolyse-Technik. Mit der Sunfire GmbH und Partnern aus fünf EU-Ländern wirkte die Salzgitter AG von März 2016 bis Februar 2019 an dem erfolgreichen EU-Forschungsprojekt mit.
Bei GrInHy wird eine Hochtemperaturelektro- lyse (HTE) zur Wasserstoffproduktion verwendet, die den etwa 150 °C heißen Wasserdampf nutzt, der bei der Stahlproduktion erzeugt wird. Durch die Einbindung von Abwärme bietet das Verfahren einen signifikant höheren elektrischen Wirkungs- grad als andere Elektrolyse-Technologien.
Eine Versuchsanlage ging im Oktober 2017 auf dem Hüttengelände in Betrieb, im Januar 2019 starteten die Salzgitter Flachstahl GmbH, Salzgit- ter Mannesmann Forschung GmbH und Sunfire GmbH mit neuen Partnern das Nachfolgeprojekt GrInHy2.0. Beteiligt sind die Anlagenbauer Paul Wurth S. A. und Tenova S. p. A. sowie das fran- zösische Forschungszentrum CEA. Das Gesamt- budget beträgt 5,5 Mio. €. Das Projekt erhält Unterstützung vom Fuel Cell and Hydrogen 2 Joint Undertaking und der Europäischen Kommissi-
on. GrInHy2.0 soll den Wirkungsgrad von 78 % auf mindestens 84 % (bezogen auf den Heizwert) erhöhen und die Leistung der Elektrolyse von 150 auf 720 kWel (Kilowatt elektrisch) steigern.
„SALCOS® ist zugleich ein Weg zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Stahlstandorts Salzgitter und
der dortigen Arbeitsplätze“
Ulrich Grethe, Mitglied der Konzerngeschäftsleitung der Salzgitter AG
  WASSERSTOFF 17









































































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