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Page 52 - Best of 2019
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Die Verarbeitung unterschiedlich fester Stähle am Beispiel einer Mercedes M-Klasse:
Mehr als 62 % aller Bleche der Rohkarosserie be- stehen aus hochfesten Stahllegierungen
für die Entwick-
lung neuer Stäh-
le ist die Salzgitter
Mannesmann Forschung GmbH (SZMF).
Auf die Frage, wie oft neue Stahlsorten für
den Automobilbau verfügbar werden, antwortet Michael Braun, Hauptabteilungsleiter Anwen- dungstechnik der SZMF: „Ich will es mal so sagen: Für zukünftige Neufahrzeuge bieten wir den Konstrukteuren der Hersteller neue Stahlsor- ten an.“ Die Automobilhersteller kommen dabei
DForschung im Dienst der Sicherheit
ie Salzgitter AG entwickelt und optimiert nicht umhin, das Angebot neuer Stähle vor jeder höherfeste Stahlsorten für den Automobil- Fahrzeugentwicklung zu prüfen. In der Regel trifft bau, die Bauteile mit geringerer Blechdi- sich das Team, bestehend aus Salzgitter Flachstahl
cke, aber gleicher oder gar höherer Festigkeit (SZFG) und SZMF, ein- bis zweimal im Jahr mit
ermöglichen. Dadurch können Karosseriebereiche steifer und somit sicherer konstruiert werden. Speziell Mehrphasenstähle nehmen bei höchster Festigkeit dank ihrer plastischen Dehnbarkeit sehr viel Energie auf. Sie werden in zahlreichen
Serienfahrzeugen für sicherheitsrelevante Strukturbauteile verwendet.
Maßgeblich zuständig
den Fahrzeugkonstrukteuren der Hersteller. Diese Zusammenarbeit ist für die sicherheitsre-
levante Konstruktion der Lastpfade wichtig (s. Sei- te 50) Diese Karosserieteile werden aus verschie- denen Stahlsorten gefertigt. Insgesamt dürften in jedem Auto bis zu 100 Stahlsorten zu finden sein, die exakte Zahl ist schwer zu ermitteln.
Auch im Fahrwerk sind Stahlsorten von hoher Festigkeit verbaut, da es hohen Belastungen ausgesetzt ist. Die Bleche der Fahrzeugaußenhaut dagegen sind für die Sicherheit von untergeord- neter Bedeutung. Einzige bekannte Ausnahme ist die Motorhaube: Um bei einem Unfall Fußgänger möglichst zu schonen, muss sie nachgeben, darf
aber nicht auf den darunterliegenden Motor durchschlagen. Deshalb wird die Haube
mit einem innenliegenden Verstei- fungsblech kombiniert.
Damit die Konstrukteure alle Eigenschaften der Stähle kennen, werden sie in einem sogenannten Lastenheft aufgeführt. Besonders
wichtig ist die digitale Doku- mentation des Materials. „Jede
Stahlsorte muss virtuell darstellbar und als virtueller Zwilling vorhanden
sein“, erklärt Ansgar Geffert, Abtei- lungsleiter Engineering und Simulation
bei der Salzgitter Mannesmann Forschung GmbH. Seine Abteilung bildet die physikalischen Größen jeder Stahlsorte in Daten ab und fasst sie in sogenannten Materialkarten zusammen. Damit können die Fahrzeugentwickler ihre Konstruktio- nen in Simulationen berechnen und erproben.
Bleibt die Frage, in welche Richtung sich kommende Stahlsorten entwickeln werden, um Autos noch sicherer zu machen. „Die Festigkeit wird sich sicher noch weiter steigern“, ist Michael Braun überzeugt. „Diese neuen Stähle müssen
natürlich weiterhin umformbar bleiben.“
Daran wird die E-Mobilität nichts ändern, im Gegenteil. In den Elektroautos sehen Michael Braun und Ansgar Geffert viel- mehr Chancen für die Salzgitter Flachstahl. „Allein durch den Batteriekasten und dessen Schutz werden pro Fahrzeug etwa 70
bis 80 kg mehr Stahlblech als bei Verbrenner benötigt“, schätzt Michael Braun. Weil E-Autos folglich schwerer sind, muss ihr Fahrwerk belastbarer sein. Der Bedarf an innovativen Stahlsor- ten und Fertigungsverfahren wird also eher steigen.
   Experten der Salzgitter Mannesmann Forschung: Michael Braun (l.) und Ansgar Geffert
52 STAHL ALS LEBENSRETTER
Foto: Carsten Brand
Foto: © Daimler AG



































































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