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Page 11 - STIL 012 2019
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Mit Wasserstoff in die Zukunft
Mit den Projekten SALCOS®, WindH2 und GrInHy2.0 leitet die Salzgitter AG Dals Vorreiter eine CO2-arme, wasserstoffbasierte Stahlproduktion ein
ie Stahlherstellung ist energieintensiv. werden können. Das Verfahren ist prinzipiell nicht Verfahrenstechnisch ist daran auch neu und wird, meist außerhalb Europas, auch grundsätzlich nichts zu ändern. Die schon großtechnisch angewendet – und zwar dort, heute etablierte Hochofenroute – 95 % wo Erdgas günstig verfügbar ist. SALCOS® zielt
der Primärstahlproduktion verwenden diese welt- darauf, zunehmend auch Wasserstoff zu nutzen,
weit – läuft bereits mit einer in diesem Rahmen maximalen Effizienz. Mit dem Einsatz erneuerba- rer Energien und Wasserstoff statt Kohle lässt
sich jedoch eine ebenso nachhaltige wie emissions- arme Stahlherstellung zeitnah verwirklichen.
Der Istzustand: Bei der Stahlerzeugung über
die Hochofenroute wird in Europa Eisenerz fast ausschließlich mit Kohlenstoff in Form von
Koks und Einblaskohle, reduziert. Hierbei ent- steht prozessbedingt Kohlendioxid. Damit weniger davon in die Atmosphäre gelangt, könnte man CO2 im Erdboden endlagern („Carbon Capture and Storage“, CCS) oder in andere Stoffe chemisch umwandeln und damit verwerten („Carbon Capture and Usage“, CCU). Die Salzgitter AG hat sich als erster Stahlproduzent von Beginn an für einen nachhaltigeren Weg entschieden, der jetzt auch branchenweit immer mehr Befürworter findet – die Dekarbonisierung der Stahlherstellung mittels Wasserstoff und erneuerbarem Strom: Anstatt zu überlegen, was mit dem unerwünsch- tem Treibhausgas CO2 geschehen soll, wenn
es bereits entstanden ist, will der Konzern direkt im Stahlherstellungsprozess selbst erheblich weniger CO2 erzeugen.
Projekt SALCOS® – der bessere Weg
Die Salzgitter AG hat für diesen Ansatz den Begriff „Carbon Direct Avoidance“ (CDA) etabliert. Das insbesondere wirtschaftlich ambitionierte Ziel ist es, alternative metallurgische Verfahren einzuset- zen, die eine CO2-Entstehung weitgehend vermei- den. Dabei spielt Wasserstoff die entscheidende Rolle: Er soll bei der Gewinnung von Eisen aus Eisenerz Koks und Kohle ersetzen, wodurch sich der CO2-Ausstoß drastisch reduzieren würde. Der Wasserstoff wiederum soll klimaneutral durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt werden.
Das Projekt SALCOS® (SAlzgitter Low CO2 Steelmaking) beschreibt detailliert diesen an- spruchsvollen Transformationsprozess für das integrierte Hüttenwerk in Salzgitter, bei dem intensiv mit Partnern aus Industrie und Forschung zusammengearbeitet wird, z. B. der Firma Tenova und der Fraunhofer-Gesellschaft.
Der Kern des technischen Ansatzes zur CO2- Vermeidung und somit auch des SALCOS®- Projekts liegt im Direktreduktionsprozess (DRP), bei dem als Reduktionsmittel Wasserstoff und Erdgas in beliebigen Verhältnissen verwendet
der klimaneutral erzeugt wird. Ein solcher flexibler Betrieb von Direktreduktionsanlagen mit Erdgas und Wasserstoff ist allerdings weltweit noch nicht industriell realisiert worden. Nach den bisherigen Erkenntnissen aus Großversuchen sind aber keine grundsätzlichen Schwierigkeiten zu erwarten.
Wasserstoff „Made in Salzgitter“
Es stellt sich die Frage, woher der Wasserstoff stammen könnte. Außer Zweifel muss er klima- neutral mit regenerativen Energien erzeugt werden, um die auf der Erzeugungsroute für Stahl eingesparten Emissionen nicht einfach an einen anderen Ort zu verlagern. Hier kommt ein anderes, ebenso spannendes wie zukunftsträch- tiges Konzernprojekt ins Spiel: „Windwasserstoff Salzgitter“. Das Vorhaben ist ein weiterer kon- kreter Schritt hin zu einer wasserstoffbasierten Stahlindustrie und umfasst eine Investition
von 50 Mio. €.
Am 30. Oktober 2018 unterzeichneten die
Salzgitter Flachstahl GmbH, der Industriegas- lieferant Linde AG und die Avacon Natur GmbH, ein Spezialist für den Bau und Betrieb von Gas- und Stromnetzen, einen Vertrag für das Projekt „Windwasserstoff Salzgitter“, das auch als WindH2 bezeichnet wird. Dessen Ziel ist es, in Salzgitter Wasserstoff mittels PEM-Elektrolyse mit Strom aus Windkraft zu erzeugen. Geplant ist, sieben Windenergieanlagen in Salzgitter auf dem Kon- zerngelände zu errichten. „Im Jahr 2020 sollen die Anlagen in Betrieb gehen“, sagt Ralph Schaper, Leiter Energiewirtschaft Salzgitter Flachstahl.
Kernstück des Projekts „Windwasserstoff Salz- gitter“ ist der Bau und Betrieb einer PEM-Elek- trolyseanlage mit einer Wasserstoff-Produktions- kapazität von rund 400 Normkubikmeter pro Stunde (Nm3/h). PEM steht für „Proton Exchange Membrane“. Dahinter verbirgt sich ein technisch bewährtes Verfahren, bei dem durch das Anlegen einer elektrischen Spannung Protonen durch eine Membran wandern. Dabei teilt sich Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff auf. „Die Membranen sind relativ wartungsarm und haben eine Lebensdauer von sieben bis zu zehn Jahren“, sagt Ralph Schaper.
Die PEM-Elektrolyseanlage wird zentral auf dem Werksgelände errichtet. Das hierfür benötigte reine Wasser wird in der konzerneigenen Anlage gewonnen, die das Brauchwasser aus dem Hütten- werk aufbereitet. Neben dem Wasserstoff kann
„Wir betrachten das Projekt ‚Windwasserstoff Salzgitter‘ als einen bedeuten- den Baustein
auf unserem Weg in eine klima- freundlichere Stahlproduktion“
Prof. Dr.-Ing. Heinz Jörg Fuhrmann, Vorstandsvorsit- zender der Salzgitter AG
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