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Page 9 - STIL 4 2022
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 Das Binnenschiff ist das umweltfreundlichste und wirtschaftlichste Verkehrsmittel. Den- noch schwindet seine Bedeutung für den Gü- tertransport. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2000 noch mehr als 242 Mio. t Güter über die Wasserstraßen befördert; 2021 waren es nur noch 195 Mio. t – so wenig wie seit 1964 nicht mehr, wenn man vom Corona- und Niedrigwasserjahr 2020 absieht. Der Anteil der Binnenschifffahrt am gesamten Güterverkehr sank in den vergangenen Jahren von 9,3% (2013)aufvoraussichtlich6,8%indiesemJahr. Während in dieser Zeit das Geschäftsvolumen bei den flüssigen Massengütern und Contai- nern halbwegs stabil blieb, gab es bei den tro- ckenen Massengütern Einbußen. Hier macht sich der Kohleausstieg bemerkbar, durch den die Branche Kunden verliert.
Die Hauptursachen für den schwindenden Gü- terverkehr auf den Wasserstraßen liegen aber in der Infrastruktur sowie der wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung der Binnen- schifffahrt. Die Mängel werden gerade jetzt spürbar, da aufgrund des Ukraine-Krieges mehr Kohle sowie Chemie- und Mineralölpro- dukte transportiert werden müssen und ver- mehrt Niedrigwasserphasen auftreten.
Die drei umschlagsstärksten deutschen Binnenhäfen: Duisburg: 43,4 Mio. t (–11,3 %) Hamburg: 7,9Mio.t (–9,1%) Köln: 9,1Mio.t (+0,3%)
Während auf der Autobahn jedes Schlagloch zu einem Aufschrei führt, fließt zu wenig Geld in den Ausbau und Erhalt der Wasserstraßen. Der Bundesverband der Deutschen Binnen- schifffahrt (BDB) fordert, den 2019 mit der Bundesregierung sowie Hafen- und Spedi- tionsunternehmen erarbeiteten „Masterplan Binnenschifffahrt“ umzusetzen und jährlich 1,3 Mrd. € für den Ausbau und Erhalt der Flüsse
Emissionen der Verkehrsträger in Gramm pro Tonnenkilometer
und Kanäle zu investieren. Laut Verband müs- sen unter anderem bekannte Flachwasser- stellen beseitigt, Schleusen erneuert und Hunderte Planungsingenieure engagiert wer- den. Nur auf diese Weise könne das Ziel der Bundesregierung erreicht werden, den Anteil der Binnenschifffahrt am Güterverkehr auf 12 % zu erhöhen.
Die wichtigsten Transportgüter:
49,4 Mio. t 34,1Mio.t 24,2Mio.t 16,9 Mio. t
Erze, Steine, Erden Kokerei&Mineralölerzeugnisse ChemischeErze,Glas,Gipsetc. Kohle, rohes Erdöl, Erdgas
Ebenso nötig sind neue und
modernisierte Schiffe. Viele
sind fast 100 Jahre alt, seit
2008 wurde kaum in die Flot-
te investiert. Gab es 2016 noch
1.635 Schiffe, waren es 2020 nur noch 1.234. Der Bund hat daher ein Flottenmodernisie- rungs- und Motorenprogramm aufgelegt, auch um mit alternativen Antrieben die Emissionen bis 2035 im Vergleich zu 2015 um 35 % zu redu- zieren – 2050 soll die Binnenschifffahrt dann nahezu emissionslos sein.
Daneben kämpft die Branche mit ihrer demo- grafischen Entwicklung. Die Menge des „fah- renden Personals“ sank in den Jahren 2016 bis 2020 von 5.250 auf 4.290 Personen, und die Altersstruktur wird immer schwieriger: Etwa jeder dritte Binnenschiffer ist älter als 55 Jah- re; in den letzten Jahren schlossen jeweils nur etwa 80 bis 100 Binnenschiffer ihre Ausbil- dung ab. Da rund 80 % der Schiffe Einzelunter- nehmern gehören, wirken sich Nachwuchs- probleme direkt auf Frachtkapazitäten aus.
Die Vorteile der Binnenschifffahrt sind also + ebenso offensichtlich wie ihre Probleme und
deren Lösung: Es muss Geld in die Infrastruk-
tur, die Flotte und die Ausbildung investiert
INFO SCHIFFS- TYPEN
werden. Auch um die deutschen Klimaziele er- reichen zu können. Das scheint aber noch nichtbeidenEntscheidungsträgernangekom- men zu sein: Im Bundeshaushalt 2023 sind fürdieWasserstraßenrund350Mio.€weniger eingeplant als in diesem Jahr.
t1p.de/schiffstypen
Vorteile der Binnenschifffahrt
Transportweiten für eine Gütertonne bei gleichem Energieaufwand in Kilometer
164 g
33g 48g
Quellen: Statistisches Bundesamt, Bundesver- band der Deutschen Binnenschifffahrt, die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
370 km 300 km
100 km
Fotos: Bundesministerium für Digitales und Verkehr, istock©ollo, shutterstock©WinWin artlab, shuttersto©Vikpit
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