Page 11 - STIL 3 2023
P. 11

 Moshe Safdie gestaltete den Jewel Changi Airport, einen Bereich des Flughafens in Singapur, als futuristischen Bau mit einem Dach aus Stahl und Glas
Nachhaltigkeit und Circularity
Dem Umweltschutz dient Stahl ebenso unauffällig: Er ist unendlich recycelbar und somit auch der einzige Baustoff, der sich vollständig, beliebig oft und ohne Qualitätsverlust wiederverwenden lässt. Wenn also der Tag gekommen ist, an dem ein Gebäude abgerissen werden soll, landet der Stahl weder auf einer De- ponie, noch wird er als Rohstoff in seiner Wertigkeit herabgestuft. Er dient ent- weder als hochwertiger Rohstoff in der Stahlproduktion oder startet in einem anderen Bau eine neue Karriere.
Derzeit werden mehr als 10% der bei Abrissen anfallenden Stahlbauelemente direkt wieder für Neubauten verwendet. In vielen Fällen kann die Stahlbaukon- struktion sogar gleich stehen bleiben. Insbesondere Bürobauten und Hochhäu- ser werden mitunter bis auf das Stahl- skelett entkernt und dann wieder neu aufgebaut. Ein Beispiel aus Australien
zeigt, wie sich hierbei alter mit neuem Stahl zu einem Neubau vereinen kann: Beim Appartementhaus „Greenland Cen- tre“ in Sydney setzten die Architekten auf das alte Stahlskelett einfach 40 zusätz- liche Stockwerke neu auf.
Anforderungen an Architekten
Solche Möglichkeiten zu erkennen und zu nutzen sind für Architekten nur zwei der Herausforderungen, die sich für sie aus dem Bauen mit Stahl ergeben. Grundsätzlich stellt dieses besondere Ansprüche an sie, da Architektur mit die- sem Baustoff ein gewisses Vorwissen erfordert. Architekten und Bauingenieu- re müssen die verfügbaren Abmessun- gen der Stahlerzeugnisse ebenso wie Normen und Stahlgüten kennen. Insbe- sondere für die Erfordernisse des Brand- schutzes – beim Stahlbau ein in der Ver- gangenheit nicht unproblematisches Thema – müssen sie Lösungen finden. Denn ab circa 300 °C verliert Stahl an
Festigkeit, ab etwa 500 °C besteht Ein- sturzgefahr. Dieses Manko können Ar- chitekten heute aber dank neuartiger Brandschutz-Beschichtungen und -Be- kleidungen oder anderer Schutzvorrich- tungen mit hoher Brandbeständigkeit ausschließen.
Auch eine andere moderne Entwicklung fördert eine Architektur mit Stahl: die Digitalisierung. Sie ist heute fest im Lehrplan eines klassischen Architektur- studiums integriert. An der Hochschule Augsburg gibt es sogar schon einen neu aufgelegten Studiengang „Digitaler Bau- meister (B.Eng.)“, der alle Kernkompe- tenzen des Planens und Bauens mit Softwareentwicklung, Robotik und künst- licher Intelligenz verbindet. Was das mit Stahl zu tun hat? In den digitalen Diszipli- nen BIM (Building Information Modeling), CAD (Computer-aided Design) und ob- jektorientierte 3-D-Planung galt der Bau- stoff von Anbeginn an als Vorreiter.
11
Foto: shutterstock©Travel man
























































































   9   10   11   12   13