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Page 6 - Stil 01 2018
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.. QUALITAT
Die Entdeckung der
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Obrigkeiten
TITELGESCHICHTE
Qua|li|tas [lat.] f Bescha enheit – Schon früh erkannte der Mensch, wenn etwas gut war. Doch erst spät schuf er Normen, Prozesse und Siegel für die Qualitätssicherung. Anlass zu „Made in Germany“ waren Produkte aus Stahl
Wann könnte der Mensch eine Vorstellung von Qualität entwi- ckelt haben? Als er die Wahl hatte zwischen einem mageren, leicht
zu erlegenden Mammut und einem gefährlichen, aber krä igen Tier mit dickem Fell und reichlich Speck? Die Pyramiden von Gizeh jedenfalls wären kaum als einziges der antiken Weltwunder bis heu- te bestehen geblieben, hätten nicht Qualitätswäch- ter beim Bau auf Präzision und Maßgenauigkeit der Steinblöcke geachtet – sie wurden millimeter- genau aus dem Fels geschlagen.
Der griechische Philosoph Aristoteles de nierte im vierten vorchristlichen Jahrhundert die Quali- tät bzw. die Bescha enheit als eine von zehn Merkmalen, die jeder Sache eigen sind – und sie entscheidend prägen. Zwei Dinge können schein- bar identisch sein, sich in ihrer Bescha enheit aber so unterscheiden, dass sie von anderem Wert sind – Münzen mit wechselndem Edelmetallgehalt sind hierfür ein gutes Beispiel.
Die Idee, Standards für eine Ware oder Dienst- leistung festzulegen und für deren Qualität zu bürgen, drang verstärkt in das Bewusstsein der Menschen, als sich Handwerker um das Jahr 1000 erstmals in Zün en organisierten. So produzierten beispielsweise die Zün e der Brauer im Norden
Deutschlands und insbesondere in Einbeck bald ein ausgezeichnetes Bier, das die
im Süden des Reiches angesichts des dort fabri- zierten Gebräus zu verschiedenen Qualitätser- lassen veranlasste. Diese mündeten 1516 in eine Landesverordnung für ganz Bayern, die für das Bier fortan die Inhaltssto e festlegte. Das berühm- te Reinheitsgebot war geboren – und zwar nicht, um bewährte Qualität zu schützen, sondern um mindere auszumerzen. Legenden überliefern, mit welchem Verfahren die Bayern ihre Qualitäts- norm überprü en: Nur wenn die Holzbank beim Aufstehen an den mit Gerstensa  vollgesogenen Lederhosen kleben blieb, enthielt das Bier ausrei- chend viel Malz und dur e ausgeschenkt werden.
Bis ins späte 18. Jahrhundert hinein unter- schieden die Menschen hauptsächlich bei Nah- rungsmitteln und handwerklicher Arbeit, zu der damals auch die Produktion von Kleidung gehörte, zwischen guter und schlechter Qualität. Im Zuge der industriellen Revolution richtete sich dieses Interesse auch auf maschinell hergestellte Waren.
Damit geriet viel stärker als zuvor der Herstel- lungsprozess in den Blick jedes Qualitätswäch- ters. Wollte er die Bescha enheit eines Produkts verbessern, hatte er in den Betrieben nun auch auf die Produktionsmaschinen und die Organisa- tion der Herstellungsprozesse zu achten, die sich durch die neuartige Arbeitsteilung verkompliziert hatten. Zudem standen an den Maschinen meist ungelernte Arbeiter, die o  in langen Schichten und im Akkord die Produkte fertigen mussten. In der Auseinandersetzung mit diesen Bedingungen
liegen die Wurzeln dessen, was heute ein moder- nes Qualitätsmanagement
ausmacht.
Der Philosoph Aristoteles schuf eine Kategorienlehre, laut der jedes Ding zehn Merkmale aufweist. Das Wichtigste ist die Substanz, das Drittwichtigste die Qualität (Bescha enheit)


































































































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