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Page 33 - STIL 03 2018
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Wie das Flache zum Runden wird
Vom Blech zum Rohr ist es ein langer Weg. Extreme Kräfte sind hierbei nötig und viel Sorgfalt bei Produktion und Kontrolle. Ein Besuch der Großrohrproduktion bei EUROPIPE in Mülheim
Großrohre aus Mülheim sind der Stoff, aus dem die Lebensadern unserer Industriegesellschaft gemacht sind. Denn in den Pipelines, die mit diesen
Rohren gebaut werden, strömen Öl und Gas für Wirtschaftsbetriebe und Haushalte in ganz Euro- pa. Um dieser Bedeutung und der Verantwortung für hohe Sicherheitsstandards gerecht werden zu können, bedarf es einer präzisen Fertigung mit stetigen Qualitätskontrollen. In welchen Schritten dies geschieht, das erfuhr STIL von Armin Klein und Oliver Perrey, die für das Marketing bei EUROPIPE tätig sind und der Redaktion die Werkstore öffneten.
Die Historie des Unternehmens begann im Prin- zip 1685, als der französische König Ludwig XIV. dem Dillinger Hüttenwerk erlaubte, ein Stahlwerk zu errichten. Ein anderer Potentat, Kaiser Napo- leon I. (Bonaparte), genehmigte dem Werk
1809, das erste deutsche Aktienunternehmen zu gründen. Als die Dillinger Hüttenwerke und die Mannesmannröhren-Werke 1991 die EUROPIPE GmbH mit Sitz in Mülheim ins Leben riefen, be- durfte es dagegen keiner königlichen oder kaiserli- chen Gnade mehr.
Heute gehört EUROPIPE zu gleichen Teile der Salzgitter Mannesmann GmbH und den Dillinger Hüttenwerken. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben Weltmarktführer in der Produktion
von Großrohren für Öl- und Gaspipelines und Spezialist für die Fertigung geschweißter Groß- rohre in Längen von bis zu 18 m. Der Weg eines solchen Rohres beginnt 30 Autominuten entfernt von Mülheim im nahe gelegenen Duisburg. Hier produzieren die Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM), an denen die Salzgitter Mannesmann GmbH zu 30 % beteiligt ist, jene Brammen, die für die EUROPIPE-Rohre das Vormaterial liefern.
Bevor das Blech rund wird, muss es an den Kanten bearbeitet werden
In Mülheim walzt die Salzgitter Mannesmann Grobblech GmbH die Brammen zunächst zu Grobblechen und transportiert diese anschließend über wenige Hundert Meter weiter zu EUROPIPE. Dort wachsen den Blechen sogleich „Ohren“: An den Enden werden etwa milchtütengroße Ansetz- bleche angeschweißt. Diese An- und Auslaufstücke dienen später als künstliche Verlängerung der Schweißnähte, damit diese bis über das Rohrende hinaus ausgeführt werden können.
Danach wird das Blech quasi „in Form“ ge- bracht. Zunächst schrägt die Fasanlage die Blech-
Ziemlich flach, ein bisschen zu dick und noch ganz bestimmt kein Rohr: Brammenproduk­ tion bei HKM in Duisburg. In Mülheim werden die Brammen zu Grobblechen gewalzt
  Armin Klein (l.), verantwortlich für Marketing & Special Projects, und Oliver Perrey, Coordinator Sales/Marketing, gaben STIL Einblicke in die Großrohrproduktion
 An­ und Auslaufstücke
Angefaste Blechkanten
Angebogene Blechlängskanten
längskanten an, damit nach der Rohrformung innen und außen Vorbereitungen für die Schweiß- nähte entlang der Blechkanten bzw. der Rohrnaht entstehen. Wichtig ist es hierbei, die Kanten gerade und gleichmäßig zu fasen, denn davon ist später die Qualität der Schweißnaht abhängig. Zusätzlich biegen Formpressen die Blechlängskanten mit ei- nem Druck von bis zu 11.000 t in einem Radius an, der in etwa dem späteren Rohrradius entspricht. In Mülheim können die Anbiegepressen Bleche bis zu einer Dicke von bis zu 50 mm und über eine Breite von 200 bis 400 mm bearbeiten. Dieser Vorbiege- prozess ist nötig, damit sich die beiden Blechkan- ten später schön rund zu der O-Form des Rohres zusammenfügen.
Vor dem „O“ kommt aber zuerst das „U“: Das flache Grobblech wird als Nächstes in eine U-Form gepresst. Man spricht deshalb auch vom U-O-E- Verfahren, wobei „E“ für das finale Expandieren
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