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Page 17 - STIL 01 2019
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Der Kontakt zur Praxis ist schon deshalb wichtig, weil ein typischer Forschungsauftrag für die SZMF aus einem konkreten Kundenprojekt erwächst. Stellt etwa ein Großrohrauftrag bestimmte Anfor- derungen an das Produkt, fragt EUROPIPE oft in Duisburg an: „Wir müssen diese und jene Produkt- eigenschaften erfüllen, was müssen wir hierfür tun?“ Dann werden Dr. Mentz und ihr Team aktiv. So haben sie festgestellt, dass es für EUROPIPE am besten ist, bei Großrohren die Zusammen- setzung des Grundwerkstoffes zu variieren, denn beim Schweißprozess sind die Einflussmöglich- keiten viel zu gering. „Wir wissen etwa, dass bei bestimmten Eigenschaftsanforderungen etwas mehr Molybdän oder andere Legierungsmittel in den Stahl müssen“, sagt Dr. Charles Stallybrass,
der im Bereich Werkstofftechnik für die Abteilung Werkstoffentwicklung zuständig ist. In manchen Fällen geht SZMF aber auch in die Vorentwicklung und experimentiert mit Stählen, die dann zum Beispiel im Mannesmannröhren-Werk in Zeithain eingesetzt und industriell zum Rohr verarbeitet werden.
Wie aus Simulation Anwendung wird
Regelmäßig leitet die SZMF aus ihren Simulationen Ratschläge an die Kunden ab. Das können Emp- fehlungen sein wie „Ihr müsst die Temperaturen im Walzprozess noch etwas erhöhen, um diese oder jene Ergebnisse zu erzielen“. Es können aber auch verblüffende Erkenntnisse sein, zum Beispiel wenn die Simulation die Realität vorwegnimmt. Dr. Mentz erinnert sich an einen solchen Fall:
„Einmal ergaben die Berechnungen der SZMF- Experten, dass an einer gewissen Stelle eines Umformgerüsts im Werk eigentlich Risse sein müssten. ‚Wir haben dort keine Risse‘, lautete die spontane Antwort aus dem Werk. Aber als sie dort nachschauten, fanden sie tatsächlich feine Anrisse.“
Aus dieser Genauigkeit der Simulationstools erwachsen wirtschaftliche Vorteile. So ist ein möglichst rundes Rohr speziell für die Offshore- Verlegung wichtig, damit die Verlegung reibungs- los klappt. Denn jede Zeitverzögerung auf den Verlegeschiffen kostet viel Geld. Auch wenn es gelingt, eine Wärmebehandlung einzusparen, be- schert das dem Produzenten einen Wettbewerbs- vorteil. „Unsere grundsätzliche Herausforderung besteht dabei immer darin, Innovationen aus dem Labormaßstab in industrielle Größenordnungen umzusetzen“, sagt Dr. Ritterbach. „Wir müssen stets die Prozessbedingungen im Auge haben und wissen, was im Werk möglich und sinnvoll um- setzbar ist“, ergänzt Dr. Mentz.
Doch wie kann ein so komplexer Werkstoff wie Stahl überhaupt „berechenbar“ sein? Weil sich alle drei Wege, über die man die Stahleigenschaften beeinflussen kann, in Zahlen fassen lassen: erstens die Zusammensetzung des Stahls in den Mengen der Zutaten; zweitens die Wärmebehandlung, also das Erhitzen und Abkühlen des Materials, durch die Beschreibung von Temperatur und Zeit; und drittens die Umformung durch die Kräfte, die
auf den kalten oder warmen Stahl beim Walzen einwirken.
Da der Werkstoff Stahl numerisch darstellbar ist, lässt sich das Zusammenwirken der genannten
Bei der SZMF in Duisburg steht eine der größten Forschungs-Warmwalz- anlagen Europas. Hier untersuchen die Experten an einer kleinen Bramme, wie sich die Eigenschaften des Stahls durch Abkühlen zwischen den Walzvor- gängen verändern
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Fotos: Carsten Brand, SZMF























































































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