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Page 18 - STIL 01 2019
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 Die Metallografin Debora Wanhoff überprüft in der Abteilung Werkstoff- entwicklung die Mikro- messung einer Schweiß- naht am Bildschirm
Einflussmöglichkeiten berechnen. „Es gibt hierfür einen ganzen Strauß an Berechnungsmethoden“, bestätigt Dr. Mentz. „Dabei kommen immer feiner auflösende Methoden und leistungsfähigere Simulationssoftware auf Basis von Werkstoff- und thermodynamischen Datenbanken zum Einsatz“, ergänzt Dr. Ritterbach.
Wohlbekannt ist die „Finite-Elemente-Methode“ (FEM), anhand der die mechanischen Eigenschaf- ten eines Bauteils wie etwa das Karosserieblech eines Autos untersucht werden können. FEM zerlegt ein Bauteil virtuell in möglichst kleine Ein- zelteile, deren physikalische Reaktion auf einwir- kende Kräfte der Computer aufgrund bekannter Materialeigenschaften und physikalischer Gesetz- mäßigkeiten sehr gut kalkulieren kann. Populär ausgedrückt: Kennt die Software das Material des Hammerkopfes und die Stärke sowie den Winkel des Schlages, kann sie die Beule nicht nur sehr genau berechnen, sondern auch dreidimensional darstellen.
Die Vielfalt der Simulationstools
FEM wird vor allem vom SZMF-Bereich Ingenieur- technik genutzt. Dr. Juliane Mentz und ihr Team in der Werkstofftechnik verwenden dagegen Simu- lationstools, die vor allem thermodynamische
Berechnungen anstellen – also die Auswirkungen von Temperatur und Zeit auf den Werkstoff untersuchen. „Wir wollen verstehen, was dabei physikalisch im Stahl passiert und was hinter allen Vorgängen steckt“, sagt Dr. Mentz.
Schlüssel für jede Erkenntnis sind die soge- nannten „Phasen“ im Stahl. Darunter versteht
man bestimmte Parzellen im Material, die in Zusammensetzung, Form, Dichte und anderen Eigenschaften übereinstimmen. Phasen sind nicht stabil, sondern ändern sich – zum Beispiel durch Temperatureinfluss – und sie sind nicht allein: Im Stahl finden sich verschiedene Arten dieser Seg- mente. Ihre Zahl, Menge und Ausrichtung sind für die Eigenschaften des Stahls maßgeblich. Folglich gibt es neben wünschenswerten auch unerwünsch- te Phasen, die den Werkstoff negativ beeinflussen.
Mit genau dieser Frage beschäftigen sich Dr. Mentz und ihre Kollegen: „Wir berechnen, welche Phasen entstehen, wenn wir einen Stahl bei der Temperatur x für eine Zeit y glühen. Oder bei welcher Temperatur wir glühen müssen, um eine Phase aufzulösen, Eigenschaften zu ändern oder ein homogenes Material zu erhalten, das man möglichst einfach umformen kann.“ Das alles berechnen die Simulationstools. „Man kann auch ein wenig experimentieren und zum Beispiel den Anteil eines Elements erhöhen oder reduzieren, um zu sehen, wie sich eine Phase ändert“, sagt
Dr. Stallybrass. Gibt man aber mehrere Wärmebe- handlungen vor, werden die Berechnungen immer komplizierter. Vor allem, wenn Simulationstools für die sogenannte Phasenfeldmethode zusätzlich die Verteilung der Phasen im Material berechnen.
Ein weiteres Modellierungstool ergründet die Veränderungen im Gefüge beim Walzen. Simula- tionsprogramme werden auch als Lernwerkzeuge genutzt. Sie helfen, den Werkstoff Stahl besser zu verstehen. „Bei dieser Mikrosimulation geht es nicht darum, Zahlen für die Produktion zu gene- rieren, sondern Vorgänge zu verstehen und Ein- flussmöglichkeiten zu entdecken, um Prozesse zu optimieren“, sagt Dr. Stallybrass. So kann man zum Beispiel den Kohlenstoffgehalt in jedem einzelnen
        Aufnahme einer Versuchsschweißnaht unter dem Elektronenmikroskop (l.). In der Vergrößerung (r.) sind die Phasen im Stahl gut zu erkennen
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