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Page 30 - STIL 4 2019
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  Der Werkstoff für die „neue Zeit“
Unser Resümee zum Abschluss des Bauhaus-Jubiläumsjahres: Stahl wurde als bevorzugtes Material der Designschule ausgiebig gewürdigt
Es sind in den vergangenen Wochen und Monaten weltweit viele Worte zum Bauhaus-Jubiläum geschrieben und gesprochen worden. Bücher
wurden gedruckt, das ZDF und Arte pro- duzierten eine sechsteilige Fernsehserie („Die Neue Zeit“) und in Dessau eröffnete die Bundeskanzlerin am 8. September das neue Bauhaus Museum. In fast keiner Schrift oder Rede fehlte der Hinweis, dass sowohl
in der Architektur als auch im Design vieler Alltagsgegenstände der Werkstoff Stahl für das Bauhaus eine wichtige Rolle spielte.
Dass dem so war, kam nicht von ungefähr, denn einerseits zählen zur Konzeption der 1919 in Weimar gegründeten Kunstschule Eigenschaften, die auch für Stahl charakteris- tisch sind. Andererseits sind beide so eng mit dem industriellen Zeitalter verknüpft, dass sich ihre Verbundenheit schon fast zwangs- läufig aus dem historischen Kontext ergibt.
Die Attribute der Bauhaus-Ideale lesen sich wie eine Werkstoffbeschreibung von Stahl: Die Lehre zielt auf Funktionalität und Rati- onalität, auf schlichte Formen, eine schnör-
kellose Strenge, auf gerade vertikale und horizontale Linien und eine gewisse Kühle, wenn nicht gar Kälte. Die Bauhaus-Architek- tur bevorzugt die kubische Form, den Würfel, und setzt auf neue Materialien wie Glas und eben Stahl. Und auf eine klare Geometrie, die auch in den Designprodukten der Kunstschu- le zu erkennen ist.
Der Werkstoff Stahl und das Bauhaus waren füreinander prädestiniert. Man kann sogar argumentieren, dass Stahl nicht als Ma- terial vom Bauhaus „entdeckt“ und genutzt wurde, sondern vielmehr die Entwicklung dieser ästhetischen und gesellschaftlichen Umorientierung förderte. Stahl ist schließlich DER Werkstoff der Industrialisierung, aus deren gesellschaftlichen Umwälzungen die Ideen des Bauhauses erwuchsen.
So reichen die Wurzeln der Kunstschule weit in das 19. Jahrhundert zurück. Die Idee, Kunst und Handwerk miteinander zu ver- binden, findet sich schon in der englischen Arts-and-Crafts-Bewegung, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine Verbindung zwischen Kunst, Gesellschaft und Arbeit herzustellen
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