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Page 4 - STIL 1 2021
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 4 STIL
INTERVIEW
„Wir können Krise – und Strategie“
Corona-Management, SALCOS und warum 2020 kein verlorenes Jahr war: Vorstandsvorsitzender Prof. Dr.-Ing. Heinz Jörg Fuhrmann im Interview
STIL: Der Rückblick auf 2020 wird allseits von der COVID-19-Pandemie und deren Folgen beein- flusst. Wie ist Ihre Sicht?
Prof. Fuhrmann: Unser aller Leben und Arbeiten hat sich gravierend verändert – und das auch im globalen Maßstab. Nahezu aus dem Stand her-
aus mussten Lösungen für Herausforderungen gefunden werden, die so niemand vorhersehen konnte. Das ist uns im Salzgitter-Konzern so gut wie vollständig gelungen, wenn man realistische Maßstäbe anlegt. Denn für solch eine Situation gab es nirgendwo einen Masterplan.
STIL: Was war die größte Herausforderung?
Prof. Fuhrmann: Für die Verantwortlichen gilt
es vor allem, in schwierigen und unübersichtli- chen Gemengelagen die Nerven zu bewahren. Die besondere Herausforderung war, eine Balance zwi- schen dem Schutz der Gesundheit der Mitarbei- tenden – einerseits – und dem des Konzerns sowie der damit verbundenen Arbeitsplätze – anderer- seits – zu finden und diese anhand neu gewonne- ner Erkenntnisse immer wieder zu justieren. Außerdem mussten die Bedürfnisse und Ansprü- che von Kunden, Lieferanten und Anteilseignern ebenfalls fest im Blick behalten werden. Wir haben von Beginn an gesagt: Es wird auch eine Zeit nach Corona geben, an die wir schon heute denken müssen!
„Es besteht durchaus berechtigter Anlass, auf den konjunkturellen Verlauf des Jahres 2021 mit Zuversicht zu schauen“
Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen im Konzern haben wir unter hohem emotionalen – das möchte ich durchaus nicht verhehlen – und auch wirtschaftlichen Druck Großes geleistet und dürfen daher behaupten: Wir können Krise!
Inmitten dieser dynamischen Situation haben wir darüber hinaus die wichtigen Investitions- und Innovationsprojekte wie SALCOS – SAlzgitter Low CO2-Steelmaking mit ruhiger Hand konsequent und erfolgreich weiterentwickelt. Darauf darf man in Anbetracht der gesamten Situation durchaus stolz sein. Wir können also beides: Krise und Strategie!
Uns hat sehr geholfen – und das darf nicht ver- gessen werden –, dass es in Deutschland erprobte staatliche Instrumente zur Krisenbewältigung
gibt. Als Beispiel möchte ich nur die „Kurzarbeit“ nennen. Während in anderen Ländern die Arbeits- losenzahlen in die Höhe geschnellt sind, ist hier der Beschäftigungsgrad hoch geblieben. Das ist
ein wichtiger Beitrag zur sozialen Stabilität. Alles in allem hat das Zusammenspiel von Wirtschaft, Gewerkschaften, Politik und Verwaltungen gut funktioniert; auch hier gilt: immer unter Anlegung der bereits genannten realistischen Maßstäbe.
Gleichwohl werden uns die Auswirkungen der Pandemie sicherlich noch einige Zeit beschäftigen.
STIL: Die COVID-19-Pandemie hat massive Aus- wirkungen auf die globale Wirtschaftsleistung, was ja auch im Salzgitter-Konzern spürbar angekom- men ist. Wie stark sind wir betroffen?
Prof. Fuhrmann: In der Krise zeigt sich die Belastungs- und Leistungsfähigkeit von Systemen und Organisationen. Mit den Maßnahmen zur Ergebnis- und Liquiditätssicherung haben wir schnell und konsequent auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie reagiert. Unsere Konzern- organisation hat sich hier bewährt, weil wir zügig und an den richtigen Stellen Entscheidungen fällen konnten.
Man muss konstatieren: Die Auswirkungen waren und sind gravierend, weil die Weltwirtschaft zwischenzeitlich in die stärkste Krise seit den 30er- Jahren des vorigen Jahrhunderts gerutscht ist. In diesem konjunkturellen Umfeld bewegt sich die Salzgitter AG derzeit als international agierender, mittelgroßer Konzern.
Wichtige Kundenbranchen verzeichneten dras- tische Produktionsrückgänge oder mussten die Fertigung zeitweise sogar einstellen. Prominente Beispiele dafür sind die Automobilindustrie und deren Zulieferer, die bekanntlich für unsere Stahl- und Präzisrohrprodukte wichtige Abnehmersek- toren darstellen. Im Jahr 2020 ist der europäische Pkw-Markt (EU27 & EFTA & UK) um rund ein Viertel eingebrochen. Auch in den USA, Japan und Brasilien gab es zweistellige Rückgänge. In China ging die Produktion um mehr als sechs Prozent zurück.
Mittlerweile erholen sich viele Branchen wieder, aber die Entwicklung bleibt noch fragil, wobei sich die positiven Anzeichen und Indikatoren mehren und festigen. Dies spüren wir in der Nachfrage- situation seit Herbst 2020. Ohne jetzt jede einzelne Konzerngesellschaft durchzudeklinieren: Es besteht durchaus berechtigter Anlass, auf den kon- junkturellen Verlauf des Jahres 2021 mit Zuver- sicht zu schauen.
STIL: Was waren neben dem „Corona-Manage- ment“ die bestimmenden Themen? Wie haben wir uns unter den gegebenen Bedingungen weiterent- wickelt?
Prof. Fuhrmann: Das Jahr 2020 und der Beginn











































































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