Chancen- und Risikomanagementsystem
Die Erwartungen für die mittelfristige wirtschaftliche Entwicklung und deren mögliche Auswirkung auf unser Unternehmen – unter Ausnutzung sich bietender Chancen und Risiken – kommentieren wir im Kapitel "Chancen-, Risiko- und Prognosebericht" im Geschäftsbericht 2022.
Abgrenzung von Risiko- und Chancenmanagement
Wir betrachten das Risiko- und das Chancenmanagement grundsätzlich getrennt. Ein separates Reportingsystem dokumentiert die Risiken und unterstützt ihre Überwachung. Hingegen sind Erfassung und Kommunikation von Chancen integrale Bestandteile des etablierten Steuerungs- und Controllingsystems zwischen den Tochter-/Beteiligungsgesellschaften und der Holding. Dem Management der Einzelgesellschaften obliegt es unmittelbar, operative Chancen zu identifizieren, zu analysieren und umzusetzen. Gemeinsam mit der Holding des Konzerns werden zielgerichtete Maßnahmen erarbeitet, um Stärken zu konturieren und strategische Wachstumspotenziale zu erschließen.
Chancen und Chancenmanagement
Damit wir Chancen erkennen, aufgreifen und realisieren können, gehört es zu den zentralen Bestandteilen unseres Chancenmanagements, die relevanten Produkt-, Technologie-, Markt- und Wettbewerbsentwicklungen im Umfeld der Konzerngesellschaften laufend zu beobachten und zu analysieren.
Unsere Konzern- und Führungsstruktur bildet eine wichtige Basis dafür, Potenziale konsequent zu nutzen. Sie ist auf effiziente und effektive Strukturen und Abläufe ausgerichtet. Auf diese Weise können wir in einem herausfordernden und dynamischen Umfeld Marktchancen schnell und gezielt aufgreifen und unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Geschäftschancen sollen unter dem Aspekt nachhaltiger Profitabilität gezielt genutzt werden. Wir befassen uns nicht nur mit initiierten Maßnahmen des organischen Wachstums, sondern prüfen auch neue Geschäftsmodelle sowie externe Möglichkeiten auf ihren möglichen Beitrag zum Unternehmenserfolg des Salzgitter-Konzerns.
Im Rahmen der Entwicklung der Strategie „Salzgitter AG 2030“ wurden Chancen für den Konzern identifiziert und in Form von Zielrichtungen für alle Geschäftsbereiche in die Konzernstrategie integriert. Insbesondere sehen wir Chancen in den im Folgenden beschriebenen Bereichen.
Risiken und Risikomanagement
Innerhalb der Geschäftstätigkeit ist es oft unumgänglich, Risiken einzugehen. Dies ist häufig eine notwendige Voraussetzung dafür, Chancen nutzen zu können. Die Unternehmensführung muss daher möglichst sämtliche bestehenden relevanten Risiken überschauen und kontrollieren können. Aus diesem Grund ist eine vorausblickende und wirkungsvolle Risikolenkung für unseren Konzern ein wichtiger und wertschaffender Beitrag zur Existenzsicherung des gesamten Unternehmens, des Kapitals unserer Aktionäre und der Arbeitsplätze.
Qualifiziertes Top-down-Regelwerk
Es ist Aufgabe der Management-Holding, die Richtlinien vorzugeben, die die Basis für einen einheitlichen und angemessenen Umgang mit Risiken und ihrer Kommunikation im Konzern bilden. Das entsprechende Konzept vermitteln wir unseren Tochter- und Beteiligungsgesellschaften mithilfe eines Risikoleitfadens. Darin sind die Grundsätze zur
- Identifikation,
- Bewertung,
- Bewältigung,
- Kommunikation und
- Dokumentation
der Risiken formuliert, um diese konzernweit zu harmonisieren und die Aussagefähigkeit für den Gesamtkonzern zu gewährleisten. Wir entwickeln unser Risikomanagementsystem (RMS) entsprechend den Erfordernissen stetig weiter. Vor dem Hintergrund der steigenden Bedeutung von ESG-Risiken haben wir unsere Risikomanagement-Governance im Berichtsjahr erweitert. Die Bewertung der ESG-Risiken hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe wurde zunächst qualitativ mithilfe der Expertise des Ausschusses ESG-Risiken sowie der Risikoverantwortlichen in Holding und Konzerngesellschaften vorgenommen. Physische Risiken wurden durch das Zentrale Risikomanagement gesellschaftsübergreifend analysiert. Zum Zeitpunkt der Erstellung des nichtfinanziellen Berichts 2022 hat der Salzgitter-Konzern keine wesentlichen nichtfinanziellen Risiken identifiziert. Für weitere Informationen zu ESG-Risiken verweisen wir auf die Ausführungen zum Integrierten Risikomanagement im nichtfinanziellen Bericht.
Wir binden sämtliche konsolidierten Gesellschaften unserer Geschäftsbereiche in das Risikomanagement ein. Risiken im Rahmen von Gemeinschaftsunternehmen, die nicht in unserem mehrheitlichen Besitz sind, grenzen wir mittels geeigneter Berichts- und Konsultationsstrukturen, der Mitwirkung in Aufsichtsgremien und vertraglicher Regelungen ein. So sind Mitglieder des Vorstandes der Salzgitter AG im Aufsichtsrat des Joint Ventures EUROPIPE GmbH und der Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH vertreten. Zudem gehörte zum Berichtsstichtag ein Vorstandsmitglied unseres Unternehmens dem Aufsichtsrat der Beteiligung Aurubis AG an.
Identifikation
Ein Risiko im Sinne des Risikomanagements des Salzgitter-Konzerns ist als ein potenzieller, noch nicht eingetretener Schaden definiert, der im Plan beziehungsweise in der Prognose einer Konzerngesellschaft nicht berücksichtigt ist. Im Sinne des Risikomanagements des Salzgitter-Konzerns analysieren wir Sachverhalte in den Geschäftsbereichen, die wir bei unserer Planung oder Vorausschau noch nicht berücksichtigt haben oder berücksichtigen konnten. Wir haben eine Checkliste entwickelt, die zur Identifikation von Risiken herangezogen werden kann. Die von den Geschäftsführungen (Risk Manager) ernannten Risikokoordinatoren der Gesellschaften sorgen unter Einbindung der jeweiligen Risikobereichsverantwortlichen (Risk Owner) für einen kontinuierlichen Prozess. Zugleich werden diese Sachverhalte Risikoarten zugeordnet. Im Salzgitter Konzern unterteilen wir die Risikoarten wie folgt:
- strategisch/politische Risiken,
- leistungswirtschaftliche Risiken,
- finanzwirtschaftliche Risiken und
- allgemeine Risiken.
Bei den strategisch/politischen Risiken stehen umweltpolitische und energiepolitische Risiken für unseren Konzern im Fokus. Der Bereich der leistungswirtschaftlichen Risiken umfasst im Salzgitter Konzern in erster Linie die wesentlichen Preis- und Beschaffungsrisiken benötigter Rohstoffe beziehungsweise Energien, vor allem in den Geschäftsbereichen Stahlerzeugung und Stahlverarbeitung. Dazu zählen auch die Produktionsausfallrisiken aufgrund der besonderen Relevanz der Kernaggregate wie zum Beispiel der Walzstraßen. Die finanzwirtschaftlichen Risiken für die Gesellschaften koordiniert und steuert die Management-Holding innerhalb des Konzernfinanz- und Organkreises geschäftsbereichsübergreifend.
Um eine Grundsystematik zu gewährleisten, erfassen wir – unabhängig von der Schadenshöhe – für einige Risikoarten Pflichtrisiken. Dies sind beispielsweise die leistungswirtschaftlichen Risiken aus Absatz, Beschaffung, Bevorratung und Produktionsausfall. Erfahrungsgemäß decken wir hiermit die wesentlichen Risiken unseres Konzernrisikoportfolios ab.
Bewertung
Damit wir die Risiken nachvollziehen können, bewerten wir generell die Bedrohungslage, wobei wir sämtliche beeinflussenden Umstände berücksichtigen. Die Bewertung der jeweiligen Einzelrisiken liegt in der Verantwortung der Risk Owner in Abstimmung mit dem Risk Manager. Alle identifizierten Risiken werden mindestens jährlich hinsichtlich ihres potenziellen Schadens respektive ihrer Schadenshöhe – definiert als Abweichung von den prognostizierten beziehungsweise voraussichtlichen Ergebnissen – und ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit überprüft. Die Eintrittswahrscheinlichkeit ordnen wir in fünf Wahrscheinlichkeitsklassen ein:
- sehr unwahrscheinlich,
- unwahrscheinlich,
- eher unwahrscheinlich,
- wahrscheinlich und
- sehr wahrscheinlich.
Das Eintreten von Risiken der ersten drei Kategorien ist nach sorgfältigem kaufmännischem, technischem und juristischem Ermessen eher nicht zu erwarten. Bei den Risikoeinstufungen darüber ist ein Schaden für das Unternehmen durch ein unerwünschtes Ereignis nicht mehr auszuschließen.
Hinsichtlich der Höhe des Schadens unterscheiden wir zwischen Großrisiken ab einem Bruttoschaden von mindestens 25 Mio. € und sonstigen Risiken mit einem Bruttoschaden unter 25 Mio. €. Wir erachten diese Unterteilung als angemessen, da wir in der jüngeren Vergangenheit auch Geschäftsjahre mit Vorsteuerergebnissen um den Breakeven ausgewiesen haben. Im Sinne einer stetigen Anwendung wird dieser Wert beibehalten. Bei den Großrisiken gibt es solche Risiken, die für den Salzgitter-Konzern nochmals von besonderer Bedeutung sind. Dies sind Entwicklungen der Preise auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten, der Frachtpreise, der Energiepreise und der Währungskurse (vor allem USD–EUR). Aufgrund ihrer Bedeutung werden sie in kurzen Zeitabständen gemonitort und deshalb stetig in den Vorschauen verarbeitet.
Risiken aus Schadens- und Haftpflichtfällen wie zum Beispiel Feuer und Betriebsunterbrechungen, für die wir einen Versicherungsschutz haben, erfassen wir grundsätzlich nicht.
Beim Überleiten von der Brutto- auf die Nettoschadenshöhe beziehen wir sämtliche Schadensbewältigungsmaßnahmen ein. Rückstellungen und Wertberichtigungen vermindern gegebenenfalls die Schadenshöhen, worauf wir in den Risikodokumentationen hinweisen.
Für den Salzgitter-Konzern erachten wir Risiken mit Schadenshöhen von mindestens 25 Mio. € und „wahrscheinlicher“ oder „sehr wahrscheinlicher“ Eintrittsmöglichkeit als bedeutsam. Aus Gründen der Vorsicht beziehen wir in diese Betrachtung auch „eher unwahrscheinliche“ Risiken mit ein.
Bewältigung
Risiken integrieren wir in die unterjährigen Vorschauen und die Mittelfristplanung. Mit dem Ziel, potenzielle Risiken zu vermeiden beziehungsweise entstandene Risiken zu kontrollieren, zu bewältigen und Vorsorge zu treffen, haben wir verschiedene Verfahren, Regelungen und Instrumente festgelegt. Ein bedeutsames Element zur Risikoverminderung ist unser Internes Kontrollsystem. Die hohe Transparenz bezüglich risikobehafteter Entwicklungen ermöglicht es uns als Konzern, frühzeitig und zielgerichtet Gegenmaßnahmen einzuleiten. Die Bedingungen, die zu erfüllen sind, damit die Maßnahmen wirken können, dokumentieren wir, überprüfen sie periodisch und aktualisieren sie gegebenenfalls.
Kommunikation und Dokumentation
Durch unser konzernweites Berichtssystem stellen wir sicher, dass das Konzernmanagement die notwendigen sachgerechten Informationen erhält. Risiken werden gemäß den Meldegrenzen an den Vorstand übermittelt. Berichtet wird unter anderem im Rahmen von vierzehntäglichen Sitzungen der Konzerngeschäftsleitung, monatlichen Controllingreports, der unterjährigen Controlling- und Planungsgespräche oder, bei hoher Relevanz, ad hoc. Die identifizierten und bewerteten Risiken analysieren wir auf Konzernebene, verfolgen sie detailliert und passen insbesondere Risiken mit akuter Handlungsnotwendigkeit in unsere wirtschaftliche Gesamtlage ein.
Der Vorstand berichtet seinerseits dem Aufsichtsrat über die Risikosituation des Konzerns sowie – wenn dies angemessen ist – über Tatbestände einzelner Risiken. Der Aufsichtsrat hat einen Prüfungsausschuss etabliert, der in seinen regelmäßigen Sitzungen auch das Risikomanagement behandelt.
Wir halten die Maßnahmen fest, die für die Bewertung und Bewältigung der Risiken getroffen wurden und noch zu treffen sind, und berichten darüber auf die nachfolgend dargelegte Weise.