Interview mit Dr. Eberhard Luckan

29.12.2000 | Salzgitter AG


Interview mit Dr. Eberhard Luckan

Interview mit dem scheidenden Vorstandsmitglied Dr. Eberhard Luckan

Zum Jahresende scheidet Dr. Eberhard Luckan aus dem Unternehmen und dem aktiven Berufsleben aus. Aus diesem Anlass gab er dem Stahl- und Technologie-Kurier ein Interview. Dr. Luckan war mehr als 15 Jahre für den Vorstandsbereich Finanzen und Rechnungswesen verantwortlich.

Redaktion: Herr Dr. Luckan, Sie stehen kurz vor Ihrem Übergang in den Ruhestand. Wie fühlen Sie sich?

Dr. Eberhard Luckan: Durchaus zwiespältig. Ich habe immer gern gearbeitet. Deshalb bin ich sicher, dass mir die abwechslungsreichen Aufgaben, vor allem aber auch die Zusammenarbeit mit meinen Mitarbeitern und die Kontakte zu vielen Menschen innerhalb und außerhalb des Unternehmens fehlen werden. Auf der anderen Seite habe ich mich schon sehr lange darauf eingestellt, mit 62 Jahren aus dem Berufsleben auszuscheiden. Deshalb freue ich mich darauf, mein künftiges Leben mehr auf andere, bislang stark vernachlässigte Interessen auszurichten und ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, das zu tun.

Red.: Haben Sie dazu konkrete Pläne?

Dr. Luckan: Einer meiner guten Vorsätze ist, mein privates Leben nicht zu sehr zu planen. Seit ich 1971 meine erste Stelle in der Industrie angetreten habe – im Übrigen in einer Abteilung "Pläne und Budgets" bei den Klöckner-Werken – habe ich permanent auf der Grundlage von Plan-Ist-Vergleichen gearbeitet. Das möchte ich nicht in meinen neuen Lebensabschnitt übertragen. Natürlich glaube ich, genügend Ideen für eine befriedigende Gestaltung der "Zeit danach" zu haben. Übrigens: Betriebswirtschaft gehört nicht unbedingt zu den künftig bevorzugten Tätigkeitsgebieten.

Red.: Sie sind jetzt seit 15 1/2 Jahren Vorstand in diesem Unternehmen. Gibt es Ereignisse, die Sie als besondere Höhepunkte empfinden?

Dr. Luckan: Es ist schwer, diese Frage kurz zu beantworten. Jährlich wiederkehrende Höhepunkte waren immer wieder die Jahresabschlüsse und die damit verbundene Prüfung, ob sich unser Unternehmen im Vergleich zum Wettbewerb gut gehalten hat. Besondere Höhepunkte waren aber auch die zwei Gesellschafterwechsel. Gerade der in Rekordzeit verwirklichte Börsengang bleibt ein unvergessliches Erlebnis. In diesen vier Monaten habe ich erlebt, was konzentriertes und auf ein Ziel ausgerichtetes Handeln von Vorstand, Führungskräften und Mitarbeitern für Kräfte freisetzen kann. Wenn ich weiter nachdenke, fallen mir wahrscheinlich noch viele unternehmerische Höhepunkte ein, die in meine Vorstandszeit fallen: der Bau des Hochofens und des Elektrostahlwerkes, die Akquisition der SALMAX, der UES und des Walzwerks Ilsenburg, der Ausbau der Oberflächenveredelung, die verschiedenen Phasen der Hüttenvertragsverhandlungen, die Erarbeitung der Wachstumsstrategie usw. usw.

Red.: Gibt es Dinge, die Sie rückschauend anders machen würden?

Dr. Luckan: Na klar, das ergibt sich schon daraus, dass man hinterher immer klüger ist, als vorher. Meistens zeigt sich, dass Entscheidungen rückblickend dann am ehesten als verbesserungsfähig anzusehen sind, wenn sie unter Emotionen, unter sachfremden Zwängen und/oder zu großem Zeitdruck getroffen wurden.

Red.: Wollen Sie Beispiele nennen?

Dr. Luckan: Lieber nicht!

Red.: Herr Dr. Luckan, wir möchten Sie abschließend fragen, wie Sie die Zukunft der Salzgitter AG sehen?

Dr. Luckan: Die Salzgitter AG ist ein lebendiges, starkes und spannendes Unternehmen – und das wird sie auch bleiben. Substanz und Ertragskraft sind so bemessen, dass sie auch in tiefen Phasen der Konjunkturzyklen oder im harten Wettbewerb bestehen kann. Erscheinungsbild, Größe und Struktur der SZAG werden sich ändern. Das ist für einen lebenden Organismus selbstverständlich. Und wenn sich Vorstand, Aufsichtsrat und Belegschaft weiterhin darauf verständigen, die Unternehmung so zu führen, dass die unterschiedlichen Interessen der am Unternehmen Beteiligten bestmöglich gewahrt werden, dann ist mir um das Unternehmen nicht bange.

Red.: Bleiben Sie Aktionär?

Dr. Luckan: Selbstverständlich, sonst wäre das, was ich auf ihre vorherige Frage geantwortet habe, Makulatur. Außerdem habe ich als Aktionär dann auch die Möglichkeit, Hauptversammlungen der Salzgitter AG auch einmal ohne Druck zu erleben bzw. die Fortschrittsberichte des Vorstandes wohlwollend, aber kritisch anzuhören.

Red.: Herr Dr. Luckan, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute.

Dr. Luckan: Gestatten Sie mir abschließend noch ein Wort des Dankes anzufügen. Ich bedanke mich bei allen Vorstandskollegen und Mitarbeitern dieses Unternehmens – darin schließe ich auch die Tochter - und Beteiligungsgesellschaften ein – ganz herzlich für viele Jahre guter Zusammenarbeit. Mir bleibt bewusst, dass ich auch ihrer Arbeit einen großen Teil meines beruflichen Erfolges bei der Salzgitter AG verdanke.

Glück auf!